21.11.2023
Positionspapier des BDP, der Deutschen Gesellschaft für Pathologie (DGP) und der Deutschen Gesellschaft für Neuropathologie und Neuroanatomie (DGNN)
Keimbahndiagnostik in der Pathologie und der Neuropathologie
Keimbahndiagnostik in der Pathologie und der Neuropathologie
- In der Diagnostik und Therapie, insb. für die Beurteilung von Arzneimittelwirkungen, spielen heute nicht nur somatische genetische Veränderungen eine Rolle, wie sie im Tumorgewebe oder in der Liquid Biopsy identifiziert werden können, sondern auch hereditäre genetische Veränderungen, auch Keimbahnmutationen genannt.
- Hereditäre genetische Veränderungen unterliegen den Regelungen des Gendiagnostikgesetzes (GenDG). Das GenDG unterscheidet die medizinischen genetischen Untersuchungen je nach Unter-suchungszweck in diagnostisch oder prädiktiv (§ 3 Nr. 1 und 6 GenDG). Die Abklärung einer bereits bestehenden Erkrankung und die Abklärung, ob genetische Eigenschaften vorliegen, die die Wirkung eines Arzneimittels beeinflussen können, auch als Pharmakogenetik bezeichnet, zählen zu den diagnostischen genetischen Untersuchungen (§ 3 Nr. 7 Buchst. a und c GenDG). Genetische Untersuchungen gesunder Personen zur Abklärung einer Anlageträgerschaft für eine erst zukünftig auftretende Erkrankung zählen zu den prädiktiven genetischen Untersuchungen (§3 Nr. 8 GenDG). Diese erfordern eine vorherige genetische Beratung und sind dem Fachgebiet der Humangenetik vorbehalten.
- Diagnostische genetische Untersuchungen hingegen können von der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt veranlasst und nach erfolgter Aufklärung und Einverständnis der Patientin oder des Patienten kann die Untersuchung in der Pathologie bzw. Neuropathologie durchgeführt werden (§ 7 Abs. 1 GenDG). Nach Vorliegen der Ergebnisse und Beurteilung für die Diagnostik, therapeutische Prognostik und Therapieplanung soll der Patientin oder dem Patienten durch die behandelnde Ärztin bzw. den behandelnden Arzt eine genetische Beratung durch eine Ärztin oder einen Arzt für Humangenetik angeboten werden (§ 10 Abs. 1 GenDG).
- Nach der Definition der Musterweiterbildungsordnung umfasst das Gebiet Pathologie einschließlich der Neuropathologie die Erkennung von Krankheiten, ihrer Entstehung und ihrer Ursachen und dient damit zugleich der Beratung und Unterstützung der in der Behandlung tätigen Ärztinnen und Ärzte. Als zentrale diagnostische Fachdisziplin ist die Pathologie bzw. Neuropathologie im Kernteam jedes Tumorboards vertreten. Die Diagnostik in der Pathologie und Neuropathologie erfolgt an Untersuchungsgut bei morphologisch definierten Krankheiten, Einschränkungen z. B. auf erkranktes Gewebe sind nicht formuliert. Diagnostische genetische Untersuchungen, also insbesondere Keimbahnuntersuchungen zur Abklärung, ob genetische Veränderungen vorliegen, die die Wirkung eines Arzneimittels in der Krebstherapie beeinflussen, sind dementsprechend Bestandteil des diagnostischen Aufgabenspektrums der Pathologie und Neuropathologie. Hierbei sind die Anforderungen des GenDG (Aufklärung, Einverständnis, Angebot einer genetischen Beratung nach Vorliegen der Ergebnisse) durch die behandelnden Ärztinnen und Ärzte zu beachten.
- Die sach- und fachgerechte Patientenversorgung durch die Pathologie und Neuropathologie inkludiert über die morphologische Tumorbeurteilung einschließlich der dort erfassten Biomarkerexpres- sion hinaus auch Keimbahnuntersuchungen insbesondere für die Indikationsstellung (Tumorkonferenzbeschluss) einer pharma-kologischen Therapie. Diesem Aspekt müssen gebührenrechtliche Bestimmungen zwingend Rechnung tragen.
Prof. Dr. med. Karl-Friedrich Bürrig
Präsident
Bundesverband Deutscher Pathologen e.V.
Prof. Dr. med. Gustavo Baretton
Vorsitzender
Deutsche Gesellschaft für Pathologie e. V.
Prof. Dr. med. Till Acker
Vorsitzender
Deutsche Gesellschaft für Neuropathologie und Neuroanatomie e.V.
Das vollständige Positionspapier finden Sie auch unten als Download.